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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 26.08.2004
Aktenzeichen: 9 UF 101/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO §§ 724 bis 793
ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 3 a
ZPO § 795 Abs. 1
ZPO § 767
BGB § 1361
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 UF 101/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Landgericht ...

am 26. August 2004

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Beklagten vom 13. Mai 2004 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Berufungsverfahrens wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die am 8. Dezember 1984 geschlossene Ehe der Parteien ist mit Urteil des Amtsgerichts Bad Liebenwerda vom 16. Dezember 2002 (16 F 198/02), rechtskräftig seit dem 4. Februar 2003, geschieden worden. Im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens hat die Beklagte ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Zahlung von Ehegattenunterhalt betrieben. Hier schlossen die Parteien am 18. November 2002 einen Vergleich, in dem sich der Kläger verpflichtete, an die Beklagte "... für den Zeitraum ab Oktober 2002 Ehegattentrennungsunterhalt in Höhe von 576,- € zu zahlen ...".

Aus diesem Vergleich betrieb die Beklagte die Zwangsvollstreckung gegen den Kläger hinsichtlich eines Unterhaltsrückstandes für die Zeit von Februar bis November 2003 in Höhe von insgesamt 5.184 € und des laufenden Unterhalts in Höhe von 576 € ab Dezember 2003. Unter dem 5. November 2003 erging Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Bad Liebenwerda.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass eine Vollstreckung aus dem vorgenannten Titel nicht mehr zulässig sei, da dieser auf Unterhaltsforderungen vor Rechtskraft der Ehescheidung begrenzt sei.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1. die Zwangsvollstreckung aus dem vollstreckbaren Vergleich des Amtsgerichts Bad Liebenwerda vom 18.11.2002, Az.: 16 F 198/02, für unzulässig zu erklären,

2. die Beklagte zu verurteilen, die ihr erteilte vollstreckbare Ausfertigung des genannten Vergleiches an ihn herauszugeben und

3. hilfsweise festzustellen, dass der Beklagten ein Unterhaltsanspruch gegen ihn seit dem 05.02.2003 nicht mehr zusteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, dass weiterhin von ihrer Bedürftigkeit und der Leistungsfähigkeit des Klägers auszugehen sei.

Das Amtsgericht Bad Liebenwerda hat mit Urteil vom 19. April 2004 die Zwangsvollstreckung aus dem näher bezeichneten Titel für die Zeit ab 5. Februar 2003 für unzulässig erklärt und die Beklagte verurteilt, die vollstreckbare Ausfertigung des Titels Zug-um-Zug gegen Zahlung von 82,29 € an den Kläger herauszugeben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es insoweit ausgeführt, dass sich der Unterhaltsanspruch der Beklagten nur auf den Trennungsunterhalt bezogen habe. Mit Rechtskraft der Ehescheidung habe dieser sein Ende gefunden, so dass die Vollstreckung unzulässig sei.

Gegen dieses Urteil beabsichtigt die Beklagte Berufung einzulegen, mit der sie unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils Klageabweisung beantragen möchte. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihren bisherigen Vortrag. Für diese Berufung begehrt sie zunächst Prozesskostenhilfe, da sie nicht in der Lage sei, die für das Rechtsmittelverfahren anfallenden Kosten allein zu tragen.

II.

Die begehrte Prozesskostenhilfe war der Beklagten zu versagen, da die Durchführung der Berufung keine Aussicht auf Erfolg verspricht, § 114 ZPO. Das Amtsgericht hat zu Recht dem Hauptantrag des Klägers größtenteils entsprochen.

Zunächst ist das Amtsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass auf im einstweiligen Anordnungsverfahren ergangene Titel, zu denen auch Vergleiche zählen, da diese im Zweifel die gleiche Wirkung wie eine einstweilige Anordnung entfalten (BGH FamRZ 1983, 892; Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., Rn. 10 zu § 620 f m.w.N.), gemäß §§ 794 Abs. 1 Nr. 3 a, 795 Abs. 1 ZPO die Vorschriften der §§ 724 bis 793 ZPO Anwendung finden, so dass die Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO grundsätzlich zulässig ist (BGH FamRZ 1983, 355). Dem steht auch nicht entgegen, dass der Schuldner bei einer einstweiligen Anordnung über Ehegattenunterhalt jederzeit die Möglichkeit hat, den Bestand des Unterhaltsanspruches mit der negativen Feststellungsklage überprüfen zu lassen, da dies nicht angemessen wäre, wenn der Schuldner lediglich nachträglich entstandene Einwendungen gegen den Titel geltend machen will (BGH a.a.O.).

Die Vollstreckungsabwehrklage ist darüber hinaus auch im Umfang des angefochtenen Urteils begründet, da die rechtsvernichtende Einwendung des Klägers durchgreift. Durch die nach Vergleichsabschluss eingetretene Rechtskraft der Ehescheidung kann die Beklagte aus diesem Titel keine Rechte mehr herleiten, weil ihr Unterhaltsanspruchs insoweit auf die Zeit des Getrenntlebens beschränkt war.

Zwar ist der Beklagten zuzustimmen, dass einstweilige Anordnungen über den Ehegattenunterhalt grundsätzlich mit der Rechtskraft der Ehescheidung nicht ohne weiteres außer Kraft treten, sondern auch für die Zeit danach noch bis zum Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung des Unterhalts fortgelten (BGH a.a.O.). Jedoch gilt dies dann nicht, wenn - wie hier - die einstweilige Anordnung nur eine Regelung für die Zeit bis zur Scheidung der Ehe enthält.

Die Parteien haben in dem am 18. November 2002 geschlossenen Vergleich keine Regelung hinsichtlich eines Ehegattenunterhaltsanspruches im allgemeinen getroffen, die nach Rechtskraft der Ehescheidung weiterhin wirksam geblieben wäre, sondern ausdrücklich nur eine Regelung zum Ehegattentrennungsunterhalt. Diese Formulierung ist eindeutig und nicht auslegungsfähig. Der sich aus § 1361 BGB ergebende Anspruch erlischt aber am Tag der Rechtskraft der Ehescheidung (vgl. nur Palandt/Brudermüller, BGB, 62. Aufl., Rn. 5 zu § 1361 m.w.N.). Aus dieser zwingenden Rechtsfolge ergibt sich, dass - entgegen der Ansicht der Beklagten - eine ausdrückliche Formulierung "bis zur Rechtskraft der Ehescheidung" zwar auch möglich, aber nicht notwendig ist, um den Unterhaltsanspruch zu begrenzen.

Da die Beklagte aus dem vollstreckungsfähigen Titel keine Rechte mehr herleiten kann, verspricht die beabsichtigte Berufung keine Aussicht auf Erfolg.

Ende der Entscheidung

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